Ehrungen von Carl Schurz in den USA
In den USA war Carl Schurz bereits zu Lebzeiten eine Berühmtheit. Und bis heute wird in vielfacher Weise an den großen Staatsmann erinnert.Carl Schurz brachte es in den USA bereits als junger Mann zu einiger Bekanntheit. Auf seinen Touren zur Unterstützung von Abraham Lincoln wurde er vor allem von der deutsch-amerikanischen Bevölkerung landauf landab begeistert empfangen. Seine Briefe an Margarethe sind ein beredtes Zeugnis dafür. „Ich habe gesprochen wie ein Gott“, vermeldete er am 19. April 1859 äußerst selbstbewusst, bekannte aber auch: „Ich habe meine Glorie wieder einmal satt.“ Am 27. September berichtete er, man habe ihn mit „Ständchen und Fackeln“, „Kanonendonner“ und einer „Demonstration so colossal wie möglich“ empfangen. So ging es immer weiter – auch das ganze Jahr 1860 hindurch.
Auf der Wahlkampftour 1868 konnte sich Schurz seine „enthusiastischen Freunde“ ebenfalls kaum vom Leib halten: „Ach, die ganze alte Wirthschaft ist wieder los“, klagt er Margarethe am 2. August: „Empfangsfeierlichkeiten an den Eisenbahnhöfen, Umzüge, Serenaden, und diese fürchterliche dicke Trommel, die mir schon 1860 so verhaßt wurde, und die mich jetzt wieder bis in meine Träume verfolgt.“
„Die guten Deutschen hatten ein Lied eigens auf mich gedichtet und componirt, in welchem ich als Gott weiß was für ein Held und Freiheitskämpfer zweier Welten gefeiert wurde.“
Carl Schurz, Brief an Margarethe, 2. August 1868
Nicht nur die dicke Trommel, sondern auch die Männerchöre strapazierten gelegentlich die Nerven des Geehrten. Man habe eigens ein Lied auf ihn gedichtet, ließ er Margarethe am 2. August 1868 wissen, „und dieser Hymnus wurde nun (…) von einem Männerchor verarbeitet, dessen Tenöre sich in einem entsetzlichen Falsetto abmarterten“.
Als Schurz wenige Monate später als erster Deutsch-Amerikaner zum Senator gewählt wurde, „kannte der Jubel keine Grenzen mehr“, wie Schurz seiner Frau mitteilte: „Man sang das John Brown Lied und drückte sich die Hände, als ob das Joch eines Tyrannen vom Volke abgehoben wäre. Meine rechte Hand war nach der ersten Stunde so zerquetscht, daß ich die linke gebrauchen musste.“ Nach dem Ende seiner Amtszeit als Senator gab es im April 1875 ein großes Fest in St. Louis sowie eine große Abendveranstaltung und ein „German Dinner“ in New York zu seinen Ehren inklusive Blaskapelle und Fackelzug.
Bei der Weltausstellung in Chicago 1893 wurde Schurz die Ehre zuteil, am „Deutschen Tag“ die Festrede zu halten. Dabei wiederholte er einmal mehr seinen berühmt gewordenen Satz: „Der ist nicht fähig, die junge Braut treu zu lieben, der nicht die alte Mutter in treuem Andenken hält. Wer das alte Vaterland nicht ehrt, der ist des neuen nicht wert.“
Der 70. Geburtstag von Carl Schurz war Anlass für ein großes Ehrenbankett, das deutsche Vereine in New York am 8. März 1899 für ihn ausrichteten. Dokumentiert ist das große Ereignis in einer Festschrift, die ausführliche Würdigungen des Jubilars enthält. Eingeleitet wird sie von Versen, seines einstigen Bonner Kommilitonen Friedrich Spielhagen. Er lobte Schurz in dem Gedicht als „meiner Jugend freudigster Gesell“ und als „Zier und Stolz der Deutsch-Amerikaner“.
600 Gäste kamen in die Liederkranz-Halle in New York, in der laut Festschrift „eine mächtige 70 im elektrischen Lichterglanze“ erstrahlte. Jede der sechs Festtafeln trug „ein riesiges Blumenstück, das je einen Buchstaben des gefeierten Namens: SCHURZ bildete“. Überliefert ist auch das mehrgängige Menü, das von Austern über Hühnersuppe bis zu gebratenem „Frühjahrs-Lamm“ reichte, gefolgt von „Kalbsmilch, gedämpft“ und jungen Tauben mit Kastanienfüllung. Unterbrochen wurde die exquisite Speisenfolge von Ansprachen und Hochrufen auf den Jubilar.
Nachdem noch „Gefrorenes in Formen“, Gebäck, gemischtes Obst, Käse und Kaffee serviert worden waren, ergriff Carl Schurz das Wort. In seiner Dankesrede zog er auch ein Fazit seines Wirkens: „In meiner Jugend dachte ich mir oft, wie schön es sein müßte, im Alter auf viel erfolgreiche Arbeit und dadurch gewonnene Resultate zurück zu blicken“, sagte er. „Aber wer auf dem politischen Felde arbeitet, der wird die Erfahrung machen, daß, was er als Resultat erreichen kann, sich nur als eine neue Form alter Probleme, oder als ein neues Problem entwickelt, das noch zu lösen ist. Da giebt es nichts Vollendetes. Man kann nur in der Richtung des Ideals weiter arbeiten, so lange die Kraft reicht.“
Zu den letzten großen Würdigungen zählte der Ehrendoktor für Jura, den ihm die Universität Wisconsin am 22. Juni 1905 verlieh. Bei der Zeremonie sagte der Präsident der Universität, Schurz werde im Inland wie im Ausland gleichermaßen als der führende Deutsch-Amerikaner betrachtet. Der US-Historiker William E. Petig schreibt, dass Schurz beim anschließenden Empfang sichtlich bewegt gewesen sei und den Kopf in die Hände gestützt habe, als ein Männerchor „Weh, dass wir scheiden müssen“ sang. Nach dem Lied habe der 76-Jährige erzählt, die Verse stammten von Gottfried Kinkel und die Musik habe Johanna Kinkel in London komponiert, als er bei Kinkels zu Gast gewesen sei.
Auch die zahlreichen Nachrufe nach dem Tod von Carl Schurz am 14. Mai 1906 machten deutlich, welch großes Ansehen er genoss – nicht nur unter Deutsch-Amerikanern. Zu den prominenteste Stimmen zählte der Schriftsteller Mark Twain, dessen Nachruf am 26. Mai in Harper's Weekly erschien. Darin bezeichnete er Schurz als einen politischen „Lotsen“, dem er stets vertraut habe, und einen „Lehrmeister in Staatsbürgerkunde“.
“He read, wrote, and thought incessantly.”
Joseph Pulitzer über Carl Schurz
Joseph Pulitzer, dem Carl Schurz einst in St. Louis das journalistische Handwerk beigebracht hatte, verfasste im Oktober 1906 eine persönliche Würdigung. Schurz‘ hohe Gesinnung und Integrität seien allgemein bekannt, schrieb der berühmte Zeitungsverleger, aber er sei auch im persönlichen Leben untadelig gewesen, was nur seine Freunde wüssten. Er könne sich nur an eine einzige Situation erinnern, in der sein einstiger Chef die Beherrschung verloren habe. Auch habe er Schurz nie untätig gesehen, er habe vielmehr unentwegt gelesen, geschrieben und nachgedacht.
„Because he lived, we shall live better, more nobly. His spirit is still moving among us, and will continue to strengthen, to guide, and to encourage us now and evermore.”
Booker T. Washington über Carl Schurz
Bei einer großen Trauerfeier in der New Yorker Carnegie Hall am 22. November 1906 würdigten viele bekannte Persönlichkeiten die Verdienste von Carl Schurz. Letzter Redner war der afroamerikanische Politiker Booker T. Washington. Er betonte, Schurz habe die schwarze und die indigene Bevölkerung der USA gestärkt und ihr zu mehr Selbstbewusstsein verholfen. Wahrhaft große Persönlichkeiten würden sich nicht schämen, für Benachteiligte einzutreten, und dies habe er getan: „Weil er gelebt hat, werden wir besser und edler leben.“
Nach dem Tod von Carl Schurz gründete der frühere US-Botschafter in Großbritannien, Joseph H. Choate, ein Komitee und sammelte Geld, um in New York ein Schurz-Denkmal zu errichten. Der Auftrag ging 1908 an Karl Bitter, der bereits ein Denkmal für Franz Sigel in New York gestaltet hatte. Der Bildhauer wurde vom Architekten Henry Bacon unterstützt, der später das Lincoln Memorial in Washington entwarf. Das Monument am Morningside Drive, Ecke 116. Straße West ist halbkreisförmig angelegt. In der Mitte steht eine große Bronzestatue auf einem Granitsockel mit der Inschrift „CARL SCHURZ / A DEFENDER OF LIBERTY / AND A FRIEND OF / HUMAN RIGHTS".
Die Einweihung am 10. Mai 1913 war der Kölnischen Zeitung einen langen Artikel wert. Die Enthüllung der „Figur des Staatsmannes im faltenreichen Überrock und dem Schlapphut in der Hand in doppelter Lebensgröße“ sei „beim Wehen eines eisigen Mailüfterls“ vor sich gegangen, berichtete die Zeitung. Präsident Woodrow Wilson habe nicht persönlich teilnehmen können, habe sich aber mit einem „Schreibebrief eingefunden“, in dem er die Verdienste von Carl Schurz pries. Dann zitierte das Blatt ausführlich die Rede des deutschen Botschafters in den USA und ging auf die abschließende „große Militär- und Zivilparade“ ein. Diese habe „manch pathetischen Zug und tragischen Akzent“ aufgewiesen, da Bürgerkriegsveteranen, „Feldkameraden des Generals Schurz“, teilnahmen, die „nur mit Hilfe des Stockes oder der Krücke in die altgewohnte stramme Form“ gebracht werden konnten.
In St. Louis, Missouri, wurde 1914 ein Denkmal errichtet, das an die prägenden Redakteure der Westlichen Post erinnert: Emil Preetorius, Carl Schurz und Carl Daenzer. Das Werk mit dem Titel „The Naked Truth“ zeigt eine nackte weibliche Bronzefigur, die in beiden Händen Fackeln hält, die Aufklärung symbolisieren sollen.
Nicht nur Straßen, Schulen und Parks in den USA wurden nach Carl Schurz benannt, sondern auch ein Berg. Der Mount Schurz ist die zweithöchste Erhebung im Yellowstone Nationalpark und trägt seinen Namen, weil er sich als Innenminister für den Schutz des Parks einsetzte.